Landshut, St. Konrad
Fruchtbringende Polaritäten
alle Fotos: Moritz Meier, Landshut
Die neue Orgel in Sankt Konrad zu Landshut präsentiert sich auf der Orgelempore in einem ausgewogenen Verhältnis von skulpturaler Selbstständigkeit und einer ruhigen erhabenen Formensprache. Der klar strukturierte Kirchenraum aus der direkten Nachkriegszeit unterstützt mit ebenso klar gestaffelten akustischen Verhältnissen positiv die im Vorfeld formulierten Wünsche an ein die Epochen überspannendes Instrument.
Das akustische Konzept des neuen Instrumentes ist durchdrungen von der Vielschichtigkeit europäischer Orgelkultur. Die basisbildenden Grundstimmen reflektieren den Farbenreichtum des süddeutschen Orgeltypus, wie er flächendeckend im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert vorzufinden ist. Als besonders schulbildend ist hier die feine Differenzierung der 8‘-Stimmen der Instrumente hervorzuheben, die dem Organisten eine weite Palette an fein abgestuften Klangfarben an die Hand gibt.
Der klangliche und dynamische Reichtum der neuen Orgel, vor allem in der Lautstärkenabstufung der einzelnen Register und Teilwerke untereinander, zieht sich bis in die Klangkronen – beispielsweise durch das Vorhandensein eines Terzspiels in jedem Manual. Entrücktheit und maximale Präsenz sind hier die bewusst gewählten Pole des Klanggeschehens.
Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass die neue Orgel von Sankt Konrad im Spannungsfeld unterschiedlicher europäischer Traditionen steht und somit typische Charakteristika des französischen Orgelbaus als Erweiterung des Konzeptes ihren Platz in der Disposition eingenommen haben.
Wenngleich das Instrument Orgel in seiner 2000-jährigen Geschichte einer ständigen Weiterentwicklung unterzogen war, so sind wir auch heute als Menschen mit unserer immerwährenden Suche nach dem Neuen nicht am Ende dieser Entwicklungsgeschichte angelangt.
Mit den Zutaten der Moderne ausgestattet, steht die Ermöglichung der Rezeption einer großen Bandbreite von Musik im Vordergrund dieses Orgelneubaus. Dem bereits angesprochenen Paradigmenwechsel zwischen Barock und Romantik will die neue Orgel von Sankt Konrad Mittlerin sein.
War dies bereits im Orgelbau beispielsweise zwischen 1840 und 1860 in der logischen Weiterentwicklung des Instrumentes gelungen, so ist es heute eine unserer Hauptaufgaben, im Selbstverständlichen historische Wahrheiten zu verstehen und neu zu interpretieren.
Die spätestens nach dem zweiten Weltkrieg dominierende Stilistik der neobarocken Orgel mit der alleinigen Berufung auf wenige klangliche Parameter der norddeutschen Orgel hat eines aus den Augen verloren:
Barock und Romantik sind versöhnliche Welten!
Mit Dankbarkeit und Freude übergeben wir das neue Orgelwerk in St. Konrad, welches diesen Brückenschlag in Landshut bewältigen möge; zur Freude der Menschen, im Dienste der Neugier und in der Bewahrung der Tradition.
Gesa Graumann
Philipp Klais
Bernd Reinartz
Andreas Saage