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Hackenheim, Evang. Kirche

Die Heimkehr aus der Fremde

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Die 1891 gebaute Pfarrkirche St. Michael in Hackenheim bekam eine der letzten, von der Sulzbacher Stumm-Werkstatt gebauten Orgel. Unklar bleibt das genaue Fertigstellungsdatum der Orgel; es liegt wohl zwischen 1894 und 1896.

 

Als 1963 in Hackenheim eine neue, größere Kirche gebaut wurde, musste das Instrument mit anderen Teilen der Ausstattung umziehen. Die Werkstatt Kemper, damals in Mainz repräsentiert von Borchert, versah die Orgel mit einem neuen Gehäuse, und die Disposition wurde neobarock umgestaltet. Das Stumm-Gehäuse ging verloren. Zuletzt sahen wir sie 2003, völlig heruntergekommen, desolat – nur noch mit viel Phantasie als Stumm-Orgel zu erkennen. Als die neue Kirche 2008 endlich eine neue Orgel erhielt, lagerte man die Teile der Stumm-Orgel in einem Zimmereibetrieb ein.

 

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Unterdessen erwarb die Evangelische Gemeinde die alte Michaelskirche und richtete sie nach einer umfassenden Sanierung als Gottesdienstraum ein. So ergab sich die Möglichkeit, die Stumm-Orgel am originalen Aufstellungsort wiedererstehen zu lassen.

 

Für die Rekonstruktion der Orgel haben wir zusammen mit dem Orgelsachberater der Evangelischen Landeskiche Hessen-Nassau, Thomas Wilhelm, die Stumm-Orgeln in Luxemburg, Prot. Kirche, Veldenz und Niederkostenz besucht sowie die einzige Fotografie der Orgel in ihrer originalen Position eingehend untersucht und in allen denkbaren Möglichkeiten vermessen. So konnte, zusammen mit den bekannten Details, der erhaltenen Substanz und mit den oben genannten Orgeln die Restaurierung der Orgel fast lückenlos belegbar erfolgen.

 

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Bei der Anlage handelt es sich um den für Stumm extrem seltenen Fall einer zentralmittigen, vor der Orgel stehenden Spielanlage, bei der der Spieler mit dem Rücken zum Orgelgehäuse sitzt. Üblicherweise bevorzugten die Stumms seitenspielige Anlagen.

Bei der Umsetzung der Orgel 1963 blieb der Spieltisch weitgehend erhalten. Die untere Klaviatur (mit Ausnahme der Untertastenbeläge), Pistons und Registerzüge wurden übernommen, ebenso die Koppelschaltungen.

 

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Die Registertraktur zum Pedal wurde pneumatisch erneuert, ebenso die Registerschilder, um sie der neuen Disposition anzupassen. Die obere Klaviatur war aus einer gebrauchten Klaviatur erneuert worden, ebenso das Pedalpodium, von dem nur noch Teilstücke vorhanden waren.

 

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Vom Gehäuse war nichts erhalten. Dem unscharfen, dunklen Foto der Orgel am Originalstandort in der alten Kirche kam daher eine besondere Bedeutung zu.

 

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Die gegebene Höhe auf der Empore und das Einrücken des Gehäuses in das Holzgerüst der auf der Empore sichtbaren Dachreiterkonstruktion gab für die Wiederaufstellung auf der Empore und die Rekonstruktion des ursprünglichen Gehäuses den Rahmen. Die strenge, konsequente Rekonstruktion des Orgelgehäuses war nach vielen Zeichnungen, Studien und den daraus erfolgten Erkenntnissen möglich. Die Einbeziehung der beiden Stützen auf der Empore, die offensichtlich im Orgelgehäuse standen, entsprachen dem wohl zufällig erhalten Stock für die abgeführten Holzpfeifen von Principal und Bordun. Die auf dem Originalfoto nicht erkennbaren Details wurden an der Luxembourger Orgel von 1876 aufgemessen und nach Hackenheim übertragen.

 

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Wie bei den Orgeln der Werkstatt Stumm üblich, liegt der gesamte Bereich der Windladen innerhalb des Hauptgehäuse; es bestehen in den Außenfeldern jeweils Dächer (in der Mitte geht das Gehäuse bis zur Kirchenecke), es gibt aber keine Rückwand. Es wurde ein Stimmgang auf Hauptwerksniveau eingerichtet, der außen auf dem Pedalverschlag ruht. Dieses Pedalgehäuse wird, entsprechend der Tradition, von einer Verbretterung aus Nadelholz gebildet; seitliche, abschließbare Türen erlauben den Zutritt zum Untergehäuse.

 

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Entsprechend der Farbgebung des Spieltischgehäuses wurde auch das Orgelgehäuse mit Nußbaumkörnerbeize eingelassen, jedoch nicht wie beim Spieltisch mit Schelllack lackiert, sondern mit Hartölfirnis geölt.

 

Die erhaltenen Originalteile, insbesondere ein großer Teil des Pfeifenwerkes und die Windladen, wurden konsequent auf den Originalzustand restauriert und ergänzt. Neu zu fertigende Teile wurden nach passenden Vorbildern der Werkstatt Stumm rekonstruiert.

 

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Den vollständigen Restaurierungsbericht können Sie hier herunterladen (PDF-Format).

 

zur Disposition…

 

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