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Schönfeld, St. Ägidius

Restaurierung der historischen Bittner-Orgel von 1860/61

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Die katholische Pfarrkirche St. Ägidius in Schönfeld bei Schernfeld ist ein wohl spätbarocker Kirchenbau, der in den letzten Jahren renoviert wurde. Zur Ausstattung der Kirche gehört eine historische Orgel des Nürnberger Orgelbauers Augustin Ferdinand Bittner (1817-1879), erbaut 1860.

 

Der Erbauer der Orgel gehört zu der weitverzweigten Orgelbauerfamilie Bittner, die im Raum zwischen Nürnberg, Freystadt, Hilpoltstein und Eichstätt ansässig und zwischen ca. 1800 und 1990 tätig war. Die Orgeln gelten als solide und waren meist eher konservativ gebaut.

 

Die Überarbeitung der Orgel war aufgrund der starken Verschmutzung, aber auch wegen der Vorschädigung durch Anobienbefall, absolut notwendig – auch wenn das Instrument bis zuletzt spielbereit war.

 

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Die Restaurierung der Orgel wurde mit dem Teilausbau der Orgel am 29.05.2019 begonnen. Dazu wurden das komplette Pfeifenwerk, die Windladen und die Klaviaturen ausgebaut und zur Restaurierung in die Werkstatt gebracht. Anschließend wurde vor Ort das Gehäuse gereinigt und schreinerisch Instand gesetzt, die verschiedenen Bohrungen entfernter Elektroinstallationen geschlossen und die Steckfüllungen gerichtet.

Abschließend wurde das Gehäuse von einem Kirchenmaler neu überfasst bzw. die Fassung – vermutlich original dunkler – nach dem Befund der zuletzt vorhandenen retouchiert.

 

Die in den 1990er Jahren bearbeiteten Teilbereiche von Windladen und Mechanik mussten nochmals restauriert und überarbeitet werden. Hier waren Veränderungen festgestellt worden, die fatal in die originalen technischen Zusammenhänge eingegriffen hatten und zudem auch ästhetisch dem ursprünglichen Konzept entgegengestanden haben.

 

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Die jetzt vorgenommenen Arbeiten waren im Sinn der Nachhaltigkeit wichtig. So musste erneut in Bereiche eingegriffen werden, wo es technisch und klanglich notwendig erschien, da zwischenzeitlich moderne Materialien verwendet wurden, die sich als nicht haltbar herausgestellt haben. Dies betraf auch die beiden Windladen.

 

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Das Pfeifenwerk wurde in der Werkstatt gründlich gereinigt und gerichtet. Fehlende Pfeifen wurden mensurgerecht ergänzt. Die Prospektpfeifen, 1930 durch solche aus Zink ersetzt, wurden wieder aus Zinn rekonstruiert. Wir haben dazu, wie im Original, handabgezogene Bleche mit einer Legierung von 85% Zinn verwendet.

 

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Die Spielanlage war insgesamt sehr vernachlässigt. Die Manualklaviatur wurde ausgebaut, die aus stilfremdem Holz ersetzte Zierleiste und Klaviaturbacken wurden aus Nuss- bzw. Kirschholz neu gefertigt und ergänzt. Die Tastenbeläge wurden abgezogen, nach Befund wieder mit Zierrillen versehen und neu aufpoliert. Der gesamte Bereich der Spielanlage, der holzsichtig ist, wurde mit Schelllack neu poliert. Da neu furnierte Teile nicht patiniert wurden, bleiben diese vorläufig erkennbar, was aber im Laufe der Jahre nachdunkeln dürfte. Die Pedalklaviatur wurde gereinigt, die verschlissenen Garnierungen erneuert. Die originale Orgelbank, zuletzt stark verwurmt und mit Teppichboden (!) auf der Sitzfläche versehen, wurde restauriert. Das stark verwurmte Sitzblatt wurde komplett erneuert.

 

Die Windladen wurden komplett und umfassend restauriert, dabei die Veränderungen von 1995 rückgängig gemacht.

 

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Die gesamte Spiel- und Registertraktur war deutlich verreguliert und musste neu justiert und einreguliert werden. verschlissene Ledermuttern und moderne Stellschrauben wurden durch neue Ledermuttern ersetzt, verschlissene Kaschmirgarnierungen wurden erneuert; die gesamte Traktur wurde neu einreguliert. Im Ergebnis finden wir nun eine angenehme und präzise Spiel- und Registertraktur.

 

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Aus Platzgründen musste die restaurierte Balganlage auf dem Dachboden verbleiben. Um die Auswirkungen der unterschiedlichen Raumtemperaturen zu minimieren, wurde eine neue Windansaugung aus dem Kirchenraum eingerichtet.

 

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Nach der Montage der Orgel erfolgte die Nachintonation und Reinstimmung der Orgel auf der Basis der vorgefundenen Parameter. Zu dem nun gefundenen Winddruck ergab sich eine gleichschwebende Temperierung, die Tonhöhe liegt bei Temperatur von 25°C, die zuletzt in Kirche war, bei 447Hz, was bei 18°C einen Stimmton von 442Hz ergibt.


Die Orgel klingt wieder voll, die Ansprache der einzelnen Register bis hin zur zuletzt kaum hörbaren Flöte 4' ist präzise. In der Kirche klingt die Orgel überraschend präsent und füllt den Raum, trotz der nicht allzu großen Disposition.

 

Dr. Hans Wolfgang Theobald

(Auszug aus dem Restaurierungsbericht)

 

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