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Waldbreitbach, Maria Himmelfahrt

Restaurierung der Klais-Orgel von 1896  

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Erste Überlegungen zur Restaurierung

Der Holzwurmbefall war bereits in den 70er Jahren Anlass, um über eine grundlegende Renovierung der Orgel nachzudenken. 1975 schrieb die Orgelbaufirma Klais, dass eine Imprägnierung unbedingt notwendig sei. Nachdem sich die Pfarrei nicht dazu entschließen konnte, schrieb Pfarrer Otto Berberich im Mai 1977 an den Trierer Domorganisten Wolfgang Oehms: «Im Zuge einer Kirchenrenovierung denkt unsere Kirchengemeinde an eine große Überarbeitung bzw. Neuanschaffung der Orgel.» Am 20. Juni 1977 untersuchte der Domorganist die Orgel und schrieb in seinem Gutachten u.a.: „Die Orgel ist technisch in gutem Zustand, die Prinzipale sind jedoch stumpf und ermüdend. Eine elektrische Traktur ist abzulehnen, besser wäre eine mechanische Schleiflade mit übernommenen Registern.“

 

Die Firma Klais bot im Dezember 1977 einen Umbau und eine Ergänzung der Orgel an, um darauf auch barocke Literatur spielen zu können. Die fünfundzwanzig Register, davon fünf neue sollten in eine neue mechanische Schleifladenorgel mit zwei Manualen eingebaut werden, das Pedalwerk sollte hinter dem Manualwerk zu stehen kommen. Vorgesehen waren neue Zinnpfeifen für den Prospekt, ein erweiterter  Tastenumfang, als neue Register sollten dazukommen: Sesquialter 2 2/3’ 2f, Cornetmixtur 1’, Oboe 8’, Tenoroktave 4’, Piffaro 2f 2’ , Posaune 16’. Außerdem sollte das Register Dolce 8’ im zweiten Manual schwebend gestimmt werden. Pfarrer Berberich und der Verwaltungsrat lehnten diesen Vorschlag jedoch aus finanziellen Gründen ab.

 

Als die Pfarrkirche 1977 nach sechsmonatiger Renovierung am 24. Dezember wieder geöffnet wurde, schrieb Pfarrer Berberich in einem Brief an die Gemeinde: „Der Aufgang zur Orgel und die Orgel selbst warten noch auf eine neue farbliche Gestaltung. Leider fehlt uns das Geld zu einer neuen Orgel, was von Musikliebhabern als dringend notwendig bezeichnet wird, doch – kommt Zeit, kommt Rat!“

Vier Jahre später, im September 1981 wies die Orgelbaufirma erneut darauf hin, dass die Verschmutzung immer stärker wird und eine Reinigung dringend erforderlich ist. Daraufhin ließ Pfarrer Veit, der seit 1980 die Pfarrei betreute, Kostenvoranschläge über eine Reinigung und Instandsetzung von vier Orgelbaufirmen einholen (Orgelbau Klein, Orgelbau Oehms, Orgelbau Seifert und Orgelbau Walcker). Die Vorschläge reichten von einer notdürftigen Reinigung für 4.700,- DM bis hin zum Orgelneubau in Höhe von etwa 180.000 DM. Auf einer Sitzung des Kirchenvorstandes unter Pastor Veit am 14. Juli 1982 wurde eine Renovierung der Orgel abgelehnt, an einen Orgelneubau sei überhaupt nicht zu denken.

 

Der Verfall der Orgel war jedoch nicht aufzuhalten. 1984 schrieb die Orgelbaufirma Klais wiederum: „Wir haben bei der Wartung starken Holzwurmbefall an den Pedaltasten festgestellt, eine Reinigung ist weiterhin dringend erforderlich.“ Der Druck, dringend etwas zu unternehmen, veranlasste den Verwaltungsrat nun, neue Angebote einzuholen. Organist Willi Zimmermann listete in seinem Brief vom 15. November 1984 die Mängel auf: „Gebläse schlecht, Windkanäle undicht, starker Holzwurmbefall, schadhafte Membranen.“ Er empfiehlt einen elektrischen Spieltisch oder – eine ganz neue Orgel!

 

Im März 1985 führte die Orgelbaufirma Oehms, die das preisgünstigste Angebot eingereicht hatte, folgende Arbeiten aus: Alle Pfeifen wurden gereinigt, die Orgel von Staub befreit, die pneumatische Traktur überprüft, schadhafte Membranen ersetzt, die Orgel imprägniert, die verfaulte Rückwand durch eine neue ersetzt und ein neues elektrisches Gebläse eingebaut. Außerdem ging der Pflege- und Stimmvertrag von Klais auf die Orgelbaufirma Oehms aus Trier über.

 

Ab 1993 wartete die Westerwälder Orgelbaufirma Klein die Orgel.

 

Ein neuer Pfarrer – ein neuer Anlauf

Bald nach seiner Einführung als Pfarrer von Waldbreitbach nahm sich Pastor Hermann Helmig als musikalisch vielseitig interessierter des Orgelprojektes an. Am 26. März 1996 begutachtete Domorganist Josef Still die Orgel und schrieb in seinem Bericht u.a.: „Die Orgel stellt ein Orgeldenkmal von hohem Wert dar. Faszinierend ist der bezaubernde romantische Klang der Orgel. Für die wertvolle Orgel in Waldbreitbach kann nur eine sorgfältige und umfassende Restaurierung nach strengen denkmalhistorischen Gesichtspunkten in Frage kommen.“

 

Am 3. Dezember 2001 schrieb der Orgelsachverständige des Landesamtes für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. Friedrich W. Riedel in seinem Aktenvermerk: „Es handelt sich hier um eine wertvolle Denkmalorgel aus der Zeit um die Jahrhundertwende. Sie ist in ihrer Originalsubstanz erhalten, allerdings durch mangelhafte Pflege und unsachgemäße Behandlung in einen sehr desolaten Zustand geraten. Eine nach strengen denkmalpflegerischen Gesichtspunkten durchzuführende Restaurierung ist dringend erforderlich.“

 

Die folgende Zeit war geprägt durch intensives Suchen nach geeigneten Orgelbaufirmen, verschiedene Orgelfahrten zu Instrumenten dieser Zeit und dem Sammeln von Spenden. Währenddessen setzte der Holzwurmbefall der Orgel immer stärker zu, im Sommer 2003 war sogar eine Pedaltaste aufgrund der vielen Löcher durchgebrochen. Die Zeit drängte also.

 

Nachdem fünf Orgelbaufirmen ihre Angebote abgegeben hatten, wurde im Juni 2004 nach eingehender Beratung im Verwaltungsrat der Restaurierungsauftrag an die Erbauerfirma Klais in Bonn vergeben.

 

Die Disposition der Orgel vor der Restaurierung 2006 lautete:

 

Hauptwerk (C-f3)
Bourdon 16’ gedeckt, Fichte, c2-f3 gedeckt Metall
Prinzipal  8’ C-a0 Prospekt Zinkpfeifen
Oktave 4’ C-Gis Prospekt Zink, ab  A Zinn
Hohlflöte 8’ C-h0 offen, Fichte, ab c’ Metall
Gemshorn 8’ C-B offen, Fichte, H aus Zink,

c0-f3 original aus Zinn

Gamba  8’ C-f3 Zink, viele Pfeifen stark beschädigt
Violine 4’ Metall
Superoktave 2’ original, C-f3 Zinn
Mixtur 3-4f 2 2/3’ original aus Zinn
Trompete 8’ original, volle Becherlänge, Becher aus Zinn
Unterwerk (C-f3)
Geigenprinzipal 8’ C-H Zink
Salicional 8’ C-H Zink, ab c0 Zinn
Dolce 8’ C-H Zink, ab c0 Zinn
Lieblich Gedackt  8’ C-H Fichte, ab c’ Zinn, ab fis3 konisch offen
Traversflöte 4’ C-h0 Fichte, ab c’ Zinn konisch überblasend
Pedal (C-d1)
Subbass 16’ Fichte
Oktavbass 8’ Fichte
Violoncello 8’ Zink
Tuba 16’ Fichte

Koppeln:

II-I, I, II-P

Feste Kombinationen:

Piano, Forte, Tutti

 

Die Gehäusebekrönungen

Die Rekonstruktion der Gehäusebekrönungen gestaltete sich als spannende Suche. Wie mehrere Gemeindemitglieder übereinstimmend bestätigten, hatte die Orgel in der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg verschiedene Ornamente auf dem Gehäuse. Der langjährige Verbandsgemeindebürgermeister Herr Schicker, der seit frühester Jugend eng mit Kirche und Orgel verbunden ist, konnte sich trotz des zeitlichen Abstandes von über fünfzig(!) Jahren noch gut an diese Bekrönungen erinnern und fertigte sogar eine Zeichnung im Maßstab 1:25 an. Diese wurde mit Bildern von erhaltenen Klais-Orgeln aus der Zeit der Jahrhundertwende verglichen. Eine intensive Suche nach einen Foto der Orgel blieb leider erfolglos. Das älteste Bild stammt aus dem Jahr 1956, damals waren die Gehäusebekrönungen bereits verschwunden.

Der Restaurator versuchte nun, aus diesen verschiedenen Informationen eine schlüssige Lösung zu finden und entwarf die jetzt angebrachten, neu geschnitzten Bekrönungen, die in Größe und Form in gelungener Proportion zum Orgelgehäuse stehen.

 

Die Farbe des Orgelgehäuses

Viele Gemeindemitglieder berichteten, die Farbe des Gehäuses wäre früher heller gewesen. So begann die Suche nach originalen Dokumenten, außerdem wurde eine Farbuntersuchung vorgenommen. Nach einem Ortstermin mit dem Verwaltungsrat wurde dann festgelegt, die dunkle äußere Schicht zu entfernen und den darunter erhaltenen natürlichen dunklen Eiche-Ton wieder zum Vorschein kommen zu lassen. So präsentiert sich das Orgelgehäuse wieder in einer ansprechenden und edlen Form.

 

 

 

Peter Uhl

 

Mit freundlicher Erlaubnis des Autors haben wir den Artikel
aus der Festschrift zur Einweihung der restaurierten Orgel übernommen.

 

 

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