Hoch

Übersicht

Malmö/SE, S:t Petri Kyrka

Aufbruch zu neuen Horizonten

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe1.JPG

 

Im Rahmen des "Malmö International Organ Festival 2019" wurde die neue Orgelanlage vom 26. bis 29. April 2019 feierlich eingeweiht. Wie schon im ersten Beitrag (Nya Toner) beschrieben, umfasste das Projekt

  • die Überarbeitung und Neuintonation der großen Marcussen-Orgel von 1951 auf der Westempore,
  • Hinzufügung einer Chamadenreihe 16'-8'-4' und eines Untersatz 32' zu beiden Seiten der Emporenorgel,
  • die Restaurierung von Fern- und Altarwerk – Reste der einst berühmten Walcker-Orgel von 1914,
  • sowie den Neubau einer Chororgel und eines fahrbaren Generalspieltisches.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe8.JPG

 

Unsere Aufgabe bestand in Bau und Lieferung der neuen Chororgel und des Generalspieltisches. Schon zu einem sehr frühen Stadium der Planung wurde deutlich, dass das neue Instrument nicht den klassischen Prinzipien von Disponierung und Konstruktion folgen würde.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe6.JPG

 

Das Projektteam auf schwedischer Seite bestand aus dem Organisten an Sankt Petri Carl-Adam Landström, den Sachverständigen Hans-Ola Ericsson (musikalisches Konzept) und Jan Börjeson (Orgeltechnik), sowie den Sachberatern Hampus Lindwall und Mauro Lanza für das musikalische Konzept sowie Hans Fidom und Trevor Grahl für die Registersteuerung. Schon diese Zusammensetzung der Kommission lässt aufhorchen.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe7.JPG

 

Die neue Chororgel umfasst 18 Pfeifenreihen, von denen 15 Reihen bei größtmöglicher Farbigkeit die traditionellen Klangfarben der Orgel abdecken. Zwei dieser 15 Reihen sowie drei weitere Reihen dienen der Bildung aller harmonischen Teiltöne innerhalb der Oktave. So können zu jedem Grundton (=Teilton 1) die Teiltöne 2 bis 19 individuell hinzuregistriert werden. Zur Verdeutlichung: das traditionelle Register Cornet 5fach umfasst die Teiltöne 1 bis 5, also Grundton (z. B. 8'), Teilton 2 = Oktave (4'), Teilton 3 = Quinte (2 2/3'), Teilton 4 = Oktave (2') und Teilton 5 = Terz (1 3/5'). Hier nun können erheblich komplexere Klänge in ganz unterschiedlichen Oktavlagen "synthetisiert" werden.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe12.JPG

 

Ein solches Teiltonwerk wurde ursprünglich für das Studio acusticum in Piteå (Schweden) entwickelt von Hans-Ola Ericsson, Kevin Bowyer und Hampus Lindwall. Für die Umsetzung in Malmö wurde das Stimmschema von Mauro Lanza und Hampus Lindwall erdacht. Disposition und Stimmschema für die Pfeifenreihen dieser Teiltöne finden Sie hier. Besondere Berechnungen sind notwendig, da selbst die Teiltöne 3 (Quinte) und 5 (Terz) in der heute üblichen gleichstufigen Stimmung nicht den Tasten entsprechen. Die höheren ungeraden Teiltöne können gar nicht über die Tonstufen der Klaviatur abgebildet werden. Gleichzeitig liegen aber die Abweichungen untereinander teilweise so eng beieinander, dass man unterschiedliche Teiltöne aus einer Pfeifenreihe gewinnen kann.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe9.JPG

 

Der Erfolg diese Klangsynthetisierung steht und fällt mit der passenden Intonation der betreffenden Reihen. Volumenmäßig müssen sie in einem günstigen Verhältnis zu den verfügbaren Grundstimmen stehen. Sind sie zu laut, verschmelzen die Einzeltöne nicht zu einem Gesamtklang, sind sie zu leise bleibt der Gesamtklang farblos. Dasselbe gilt auch für die Klangfarbe der Reihen an sich. Ist eine solche Aliquotreihe zu obertonreich, mischt sich ihr Klang nicht, ist sie zu obertonarm, wirkt der Klang matt.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe10.JPG

 

So wie alle Teilwerke der schon vorhandenen Orgeln am neuen Generalspieltisch völlig frei verwaltet werden können, ist auch der Registerfundus der neuen Chororgel vollständig flexibel. Da alle Pfeifen auf Einzeltonladen stehen, also unabhängig von einer klassischen Registerschaltung individuell angesteuert werden können, musste für den Spieltisch ein eigenständiges Ansteuerungskonzept erarbeitet werden. Hier steuerte Hans Fidom seine wertvollen Erfahrungen aus der Konzeption der Orgeln des Amsterdamer Orgelparks bei.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe2.JPG

 

Die Registersteuerung – vielleicht sollte man besser von Klangsteuerung sprechen – erfolgt über zwei große Touch-Bildschirme, auf denen sich die Klangfarben individuell gruppieren und platzieren lassen. Auch die Steuerung aller Sonderfunktionen sowie der Setzeranlage erfolgt über diese Bildschirme. Das Prinzip der unterschiedlichen Bildschirminhalte ist vom Smartphone bekannt, bei dem man von einem Bild zum nächsten "wischt".

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe19.JPG

 

Die für jede Pfeife der Chororgel individuell programmierbare Ansteuerung bietet "unerhörte" Möglichkeiten. Hier eine winzige Auswahl:

  • einstellbare Verzögerung und Haltezeit, z. B. für Echoeffekte oder Diminuendo bzw. Crescendo durch Registeränderung während des Haltens einer Taste
  • beliebige Akkordbildung aus unterschiedlichen Klängen und Tonhöhen zu jeder Taste (Chorus-Effekt, Mixturensetzer)
  • changierende Klänge durch schnelle Änderung der angesteuerten Klangfarben während des Haltens einer Taste
  • etc

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe18.JPG

 

Hinzu kommen noch die Möglichkeiten durch eine individuelle und setzbare Windmengenregelung aller Ladenebenen (eine nicht-schwellbare und zwei separat schwellbare Ebenen).

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe14.JPG

 

Zahlreiche dieser "unerhörten" klanglichen Effekte wurden hörbar in den Konzerten des Festivals. Besonderen Gebrauch der neuen Möglichkeiten machten Carl-Adam Landström, Hans-Ola Ericson, Trevor Grahl und Hampus Lindvall. Die sinfonischen Möglichkeiten der neuen Gesamtanlage loteten dann neben anderen Shin-Young Lee und Olivier Latry aus, deren vierhändige Interpretation von Stravinskys "Sacre du printemps" die Zuhörer in der vollbesetzten Kirche in ein Klangmeer tauchte. Im Lunchtime-Konzert mit Malmöer Organisten präsentierte sich die neue Chororgel im eher traditionellen Gewand. Weitere Interpreten des Festivals waren Hans Fagius (S/DK), Malmö Symphony Orchestra unter Marc Soustrot, Kimberly Marshall (USA), Karin Nelson (S/N), Gunnar Idenstam (S), Hanne Kuhlmann (DK) u. a.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe16.JPG

 

So zeigt sich die neue Chororgel als ungemein farbiges und vielseitiges Instrument – sowohl als integraler Teil einer sinfonischen Gesamtanlage, als auch in solistischer Funktion zwischen Extrempolen von Alter Musik und Avantgarde.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe15.JPG

 

Der von uns entworfenen und realisierte Prospekt setzt bewusst einen zeitgenössischen Akzent im Kirchenraum. Ruhige Sachlichkeit und edle Materialien verleihen ihm die notwendige architektonische Eigenständigkeit bei Wahrung einer vornehmen Zurückhaltung. Trotz des erheblichen Volumens des Orgelkörpers wirkt er immer schlank, leicht und strahlt eine angenehme Selbstverständlichkeit aus.

 

zur Disposition…

 

Das Team

Marcussen-Orgel

Technische Überarbeitung: Th. Frobenius & Sønner

Elektrische Trakturen: Anders Sällström

Neuintonation: Ole Hoyer, Carsten Lund 

Altar- und Fernwerk

Restaurierung: Anders Sällström 

Chororgel

Konstruktion: Josef Meuser

Entwurf: Gesa Graumann

Montage: Stephan Rau, Bernhard Althaus, Toni Kretzschmar, Sebastian Finkensiep, Johannes Jamin

Elektrik: Sebastian Riedel

Intonation: Andreas Saage, Bernd Reinartz, Markus Linden 

Spieltisch

Entwurf: Gesa Graumann

Bau: Fa. Laukhuff

Setzer und Übertragungssystem: Fa. SINUA

 

Impressionen

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe21.JPG

 

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe13.JPG

 

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe3.JPG

 

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe4.JPG

 

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe17.JPG

 

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe11.JPG

 

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe2.JPG

 

Aus dem Innern

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe20.JPGChamade auf dem Dach der Marcussen-Orgel, dahinter Untersatz 32'

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe22.JPGoberste Ebene, Vorderlade mit Regenmaschine

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe23.JPGoberste Ebene, Hinterlade

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe24.JPGmittlere Ebene, Vorderlade

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe25.JPGmittlere Ebene, Hinterlade

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe27.JPGuntere Ebene, Oberlade mit Nachtigall

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe26.JPGuntere Ebene, Oberlade mit Trommel

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe28.JPGuntere Ebene, Hinterlade

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe31.JPGuntere Ebene, Vorderlade

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe29.JPGuntere Ebene, Vorderlade

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Malmoe/Malmoe30.JPGSockel-Ebene (Zugang)