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Gimborn/DE, St. Johann Baptist

In einem kühlen Grunde…

_klais/bilder/fotos/Artikel/Gimborn/Gimborn8.jpgKirche und Schloss in Gimborn

In einem schattigen Seitental der Leppe im Bergischen Land, etwa 40 Kilometer östlich von Köln, liegt der kleine Ort Gimborn, bestehend aus Kirche, Schloss und einigen Häusern. Wenig deutet heute daraufhin, dass Gimborn von 1631 bis zur Preußischen Neuordnung 1806 Regierungssitz der selbständigen Reichsherrschaft Gimborn war, nach dem ansässigen Adelsgeschlecht "Schwarzenbergisches Land" genannt.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Gimborn/Gimborn7.jpgDie Gimborner Kirche

Die heutige neugotische Hallenkirche wurde erst 1867 erbaut; Teile der Ausstattung stammen aber noch aus dem romanischen Vorgängerbau. Die Orgel aus der Hand Friedrich Sauermanns (1830-1912) aus Frielingsdorf kam zwischen 1880 und 1890 dazu. Das Werk wies offensichtlich erhebliche technische Mängel auf, so dass es 1912 zu einem technischen Neubau durch Johannes Klais unter der Opus-Nr. 478 kam.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Gimborn/Gimborn1.jpgNach der Restaurierung mit neuen Prospektpfeifen

Die technische Orgelanlage einschließlich Spieltisch, Windladen, pneumatischen Trakturen und Windanlage wurden dabei erneuert. Dr. Horst Hodick vermerkt in seiner Dissertation*, dass dies das einzig erhaltene Instrument von Johannes Klais sei, bei dem "Klais außer dem vorhandenen Gehäuse auch das Pfeifenwerk vollständig übernahm und auf neue Windladen stellte…". Er vermerkt weiter: "Offensichtlich waren wirtschaftliche Erwägungen für die Übernahme des alten Pfeifenwerks ausschlaggebend, da das sehr dünnwandige Material kaum den Vorstellungen von Klais entsprochen haben dürfte… Die Disposition ist aufgrund der Übernahme der alten Register für Klais untypisch."

 

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Gimborn/Gimborn2.jpgNach der Restaurierung mit neuen Prospektpfeifen

1986 wurde das Instrument von einer anderen Werkstatt restauriert. Aufgrund des starken Holzwurmbefalls wurde dabei der verwurmte Subbass 16' "durch ein enger mensuriertes älteres Register ausgetauscht sowie die große Oktave von Bordun 16' erneuert" (Hodick). Auch Einzelpfeifen anderer Register wurden im Laufe der Zeit ausgetauscht und häufig durch unpassende Altpfeifen ersetzt. Das Pfeifenwerk ist in weiten Bereichen uneinheitlich.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Gimborn/Gimborn5.jpgDer neue Prospekt

Der zuletzt desolate Zustand des Pfeifenwerks legte nahe, dass dieses bei den 1986 durchgeführten Maßnahmen überhaupt nicht oder nur unzureichend restauriert und darüber hinaus unsachgemäß behandelt und befestigt wurde. Anstelle sachgerechter Nachlötungen wurden zahlreiche Pfeifen im Bereich der Stimmschlitze mit Pattex behandelt. Die Pfeifen waren durchweg nicht richtig befestigt bzw. rastriert, viele Pfeifen standen nicht lotrecht. Hinzugefügte Raster aus Schichtholz passten weder in Position noch im Durchmesser der Bohrungen zu den Pfeifen, die sie stützen sollten. Dies führte zu starken Verformungen und Beschädigungen an den Pfeifen. Die Prospektpfeifen aus Zink und in minderster Qualität waren wahrscheinlich der übliche Ersatz nach dem Ersten Weltkrieg. Sie passten weder in Bauart noch Mensur zum vorhandenen Gehäuse. In der Folge standen die Pfeifen so eng, dass teilweise nicht einmal ein Blatt Papier zwischen die Pfeifen gepasst hat.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Gimborn/Gimborn4.jpgPropekt-Mittelfeld

Bei der "Restaurierung" der Orgel 1986 wurde der ursprünglich vorhandene Schöpfbalg mit Kalkantentritt entfernt, der Windkasten des großen Doppelfalten-Maganzinbalges wurde deutlich verkleinert, der Doppelfalten-Aufsatz aber beibehalten.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Gimborn/Gimborn3.jpgDer restaurierte pneumatische Spieltisch von 1912

Die 2018 durchgeführte Restaurierung hatte zum Ziel, die offensichtlichen Defizite zu beseitigen. Darüber hinaus wurde der gewachsene Zustand respektiert, war doch selbst die "Klais-Orgel" von 1912 das Ergebnis eines solchen Wachstumsprozesses.

 

_klais/bilder/fotos/Artikel/Gimborn/Gimborn6.jpgOriginal-Firmenschild und -Registratur

Die Orgel wurde gereinigt und der großflächige Schimmelbefall beseitigt. Besonderes Augenmerk lag auf der Restaurierung des Pfeifenwerkes. Hier galt es insbesondere, die "höchst innovativen" Stimmeinrichtungen aus Klebeband und Pattex zu entfernen – ein Unterfangen, dass sich aufgrund der extrem dünnen Pfeifenwandungen als sehr schwierig erwies. Alle Pfeifen wurden sachgemäß rastriert, wo nötig neue Raster gebaut. Der Prospektprincipal erhielt neue Pfeifen in einer der damaligen Praxis und den Abmessungen des Gehäuses entsprechenden Mensur. Der Spieltisch wurde ein Stück von der Orgel abgerückt, die pneumatischen Trakturverbindung entsprechend verlängert.

 

* Quelle: Horst Hodick, Johannes Klais (1852-1925) Ein rheinischer Orgelbauer und sein Schaffen, Band II, Seite 371, erschienen 2001 im Musikverlag Katzbichler, München – Salzburg