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Ingolstadt/DE, St. Josef

55 Jahre Provisorium haben ein Ende – die neue Orgel ist fertig!

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Wir Orgelbauer üben einen wunderbaren Beruf aus, der sich auf dem Wissen unserer Lehrmeister und aus der Fülle eigener Erfahrung und Anschauung aufbaut. Nach wie vor werden die Instrumente handwerklich und im Normalfall als Unikate gebaut, im Wissen, dass eine Orgel nur für diesen einen bestimmten Raum gebaut ist.

 

So gesehen war die alte Orgel in St. Josef nur ein Provisorium, das zwar lange gehalten hat und aus der alten Vorgängerkirche stammte, aber der 1963 neu gebauten Kirche kaum angemessen war.

 

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Im Rahmen der Ausschreibung für die Orgel haben wir die Kirche mehrfach besucht. Wir haben den großen, auf den ersten Blick einfach strukturierten Raum vermessen und die Bauweise studiert: der Architekt des Kirchenraums, Josef Elfinger hat einen mit modernen Mitteln wie Stahlbeton und Formsteinen gebautes, dreischiffiges Kirchengebäude in unsere Zeit gebracht.

 

Die statische Funktion der Mauerschale ist klar erkennbar: freitragende Rippen geben den Wänden ihre Stabilität, die mit quadratischen Formsteinen im Maß von 895x895mm gegliedert sind. Diese „Bausteine“ werden an Süd- und Westwand zu Fensteröffnungen. Altarraum und Westwerk der Kirche sind Antipoden, die miteinander korrespondieren, weil sie eine annähernd gleiche Struktur aufweisen. Der Altarraum wird im Angesicht der Gemeinde von dem großen Mosaik mit dem wiederkommenden Christus überragt. Die Kirchenmusik hat ihren Platz auf der großen Empore, somit auf dem traditionellen Standort – Liturgie und Musik als die beiden Pole des Gottesdienstes. Hier muss wie selbstverständlich, und sehr selbstbewusst die Orgel stehen.

 

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Daher hätten wir gerne der Orgel gerne in etwa die Ausdehnung gegeben, wie sie auch das große Altarbild einnimmt, das die mittlere Fläche der Ostwand überschreitet. Da das jedoch die Fensterfläche noch mehr als ohnehin reduziert hätte, haben wir uns davon überzeugen lassen, uns auf das mittlere Feld zu beschränken, aber zumindest weiterhin die verdeckten Fensteröffnungen erahnen zu lassen, so dass sie zumindest für das innere Auge erkennbar bleiben. Das Gehäuse selbst ist von der Darstellung der Anna Selbdritt-Figurengruppe in der Emporenbrüstung inspiriert: Ein Schrein, hier in einer hochrechteckigen Form, umschließt das Instrument und lässt seine innere, technische Struktur zumindest erahnen. Diese große Form bildet also in gewisser Weise einen flächigen Körper, wie sie auch in den 1960iger Jahren, also in der Zeit des Kirchenneubaus durchaus üblich war.


Die Prospektpfeifen werden von den Basisprinzipalen des Pedals (Principal 16') und Hauptwerk (Principal 8') gebildet, die, gestaffelt aufgestellt, auf eine bewusste Plastizität abzielen. Über den Pfeifen ist eine bewegliche Wand erkennbar, hinter der das Schwellwerk, somit das 2. Manualwerk eingebaut ist. Ihr dunkles Rot zitiert das Holz der Kircheneinrichtung. Das Orgelgehäuse selbst ist aus massiver, geölter Eiche hergestellt, ein Holz, das, wie wir annehmen dürfen, die Zeiten überdauert.

 

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Bei der inneren Struktur ist uns wichtig, dass die eigentliche Konstruktion von dem Äußeren ins Innere wirkt und umgekehrt: der Spieltisch – hier direkt im eingezogenen Untergehäuse angebaut, klar strukturiert und mit edlen Materialien gestaltet – dient als Schaltzentrale für den Organisten, vollmechanisch für Spiel- und Registertraktur, und damit relativ wartungsfrei. Von hier aus gehen alle Funktionen sehr einfach und direkt zu den Ventilen der Orgel und bewegen zur Registerschaltung die Schleifen. Die einzelnen Achspunkte sind hart und verschleißfrei gelagert, sie sind sehr genau und mit modernsten Lagerbuchsen (sog. Igus-Lager) gearbeitet, um die nötige Präzision dauerhaft zu garantieren. Gleichzeitig wurden hier traditionelle Materialien wie massive Hölzer und Stahl verarbeitet. Obwohl dieser Bereich sehr platzsparend – also eng – konstruiert ist, können die Teile, zumindest da, wo sie evt. nachreguliert werden müssen, gut erreicht werden.

 

Das gesamte Instrument wurde durchwegs möglichst platzökonomisch gebaut. So ist die Windversorgung mit einer Gebläsemaschine und dem großen Magazinbalg im Untergehäuse, hinter dem Spieltisch eingebaut, die Kanäle führen durch das Untergehäuse und vor der Fensterwand nach oben. Dort sind auch die größten Holzpfeifen von Principal 16' und Bourdon 16' „ausgelagert“. Haupt- und Pedalwerk stehen auf einer Ebene, von der Rückseite sind alle Pfeifen zu stimmen gut erreichbar, die Rückwandtüren schirmen die einfallende Sonneneinstrahlung ab. Dies gilt auch für das darüber liegende, etwas zurückgesetzte Schwellwerk.

 

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Die ganze Orgel steht frei auf der Empore. Sie lässt, im Gegensatz zur alten Orgel sehr viel Platz, auch vor dem Instrument, damit hier zum ersten Mal seit Erbauung der Kirche optimal mit Chor und Orchester musiziert werden kann.

 

zur Disposition…