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Delaware/OH, USA, Asbury United Methodist Church

Enkel und Urenkel Klais   Die Herausforderung der Nachfolge    

 

zur Disposition...

 

Beitrag zur Einweihung

 

Delaware/Ohio ist seit nahezu drei Jahrzehnten in der Kölnstraße 148 in Bonn, Deutschland wohl bekannt. Jeder in der Werkstatt Klais kennt das Instrument, das vor mehr als 26 Jahren in der Gray Chapel auf dem Campus der Ohio Wesleyan Universität gebaut wurde.

 

Als ich 19 Jahre alt war und gerade die Schule abgeschlossen hatte, reiste ich das allererste Mal in meinem Leben in die USA und besuchte die vier Städte San Francisco/Kalifornien, New York, Washington D.C. und Delaware/Ohio.

 

Als die Klais-Orgelfamilie Ende 2003 aufgefordert wurde, ein Angebot für eine Orgel in einer Kirche in Delaware/Ohio abzugeben, fühlten wir uns geehrt, als Erbauer eines zweiten Instrumentes in Ihrer Stadt in Erwägung gezogen worden zu sein.

 

Am 6. Februar 2004 flog ich nach Columbus, besuchte die Asbury United Methodist Church und sollte dem Orgelkomitee meine ersten Ideen vorstellen. Nachdem ich mir den Grundriss der Kirche und die uns mit der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes übersandten Fotos angesehen hatte, wollte ich zunächst ein zweimaliges Instrument für Ihre Kirche entwerfen.

 


 

 

 

Der Besuch in der Kirche änderte meine Meinung. Beeindruckt war ich gleichermaßen vom Raum mit seiner nahezu quadratischen Grundfläche, dem großen Tiffany-Fenster mit seinen warmen Farben, den warmen Holzoberflächen und auch dem Orgelkomitee, welches aus sehr enthusiastischen, tatkräftigen und kompetenten Mitgliedern bestand. Wir Orgelbauer sind Handwerker, unsere Arbeit fußt auf den Traditionen der Handwerkskunst vergangener Tag. Aber gleichzeitig sind wir sehr emotionale Menschen. All diese Faktoren ließen in mir den Wunsch entstehen, für diesen Raum eine Orgel zu bauen – eine Klais-Orgel in der Asbury United Methodist Church zu haben.

 

Eine der ersten Fragen des Orgelkomitees an mich war ziemlich heikel: "Philipp, Sie repräsentieren Orgelbau Klais in Bonn, Deutschland. Warum sollten wir noch eine Klais-Orgel in der Stadt bauen? Wäre es nicht langweilig, zwei Instrumente vom gleichen Erbauer so dicht beieinander zu haben? Können Sie ehrlich das Konzept einer zweiten Klais-Orgel in unserer Gegend unterstützen?"

 

Das war eine heikle Frage, besonders weil ich persönlich meine, dass eine bestimmte Vielfalt in der Orgellandschaft sehr wichtig ist. So war mir bewusst, dass ich entweder ein sehr starkes, überzeugendes Konzept ausarbeiten musste, um die nächste Generation Klais zu vertreten, oder aber das Projekt vergessen sollte, falls ich mit nicht mehr als einer blassen Kopie der bestehenden Klais-Orgel käme.

 

Nachdem ich nun in der Kirche war, den Raum gespürt, das Komitee getroffen hatte, begann ich zu begreifen, dass hier ein Instrument gebraucht wurde, das sowohl die starke und warme Persönlichkeit des Kirchenraums als auch die aufgeschlossenen, tatkräftigen, charmanten Komiteemitglieder widerspiegelt.

 


 

 

Zurück in Bonn, berichtete ich meinem Team darüber. Gemeinsam versuchten wir ein Konzept zu entwickeln, dass in unseren Augen die Asbury United Methodist Church widerspiegelt: warme Klangfarben und viele weiche, farbige Grundtöne, die wie ein Chor erklingen und zu einer kraftvollen Stärke anwachsen, die jedoch niemals aggressiv oder schrill ist. Unser Ziel war, eine Orgel mit einer vielfältigen Disposition zu gestalten, die ganz klar auf den Traditionen der Vergangenheit fußt, jedoch konzipiert, um in die Zukunft zu weisen.

 

Unsere Vision war es, ein Instrument zu schaffen, welches das Leben aller Gemeindemitglieder bereichert; welches die Orgellandschaft Delawares ergänzt, nicht durch die Auswahl eines Orgelbauers mit anderem Namen, sondern durch die Auswahl eines Konzeptes mit einer starken Persönlichkeit, ausschließlich für diese Kirche entwickelt; und welches ein warmes Klangbad für die Kirchengemeinde schafft.

 

Anstatt eine zweimanualige Lösung zu wählen kamen wir zu dem Schluss, dass ein dreimanualiges Instrument viel besser all die Möglichkeiten bieten würde, die wir uns vorgestellt hatten, und zwar nicht durch mehr Register, sondern dadurch, die reiche Vielfalt von Grundtönen auf drei Manuale und Pedal zu verteilen, und durch Einbindung zweier schwellbarer Werke eine höhere dynamische Flexibilität zu erreichen. Das Layout des Instrumentes basiert auf einer sehr "klassischen" Anordnung: Alle Manualwerke sind in der Mitte der Orgel angeordnet, Positiv und Hauptwerk übereinander, Great und Swell hintereinander, und das Pedal, geteilt in C- und Cs-Seite, die Manualwerke flankierend. Ein komplexes Traktursystem ermöglicht es, den freistehenden Spieltisch an den für den Organisten besten Platz zu stellen, damit ein optimaler Kontakt sowohl zum Chor als auch zur Orgel besteht.

 


 

 

Die Zukunft wird beweisen müssen, ob unsere Vision ein Erfolg war und ob unser Instrument nicht nur die Ohren der Gemeinde erreicht, sondern auch deren Herzen. Sie haben in den letzten drei Jahren unsere Herzen berührt und wir hoffen, dass Sie dies Ihrem Instrument anhören können.

 

Ich möchte mich bei allen für das Vertrauen bedanken, welches Sie Orgelbau Klais geschenkt haben, indem Sie uns Gelegenheit gaben, dieses Instrument für Ihre Kirche zu bauen, und für Ihre Gastfreundschaft, die wir bei jedem Besuch in Asbury und während der Montage und der klanglichen Arbeiten erfahren durften. Jedes meiner Teammitglieder hat sich in Delaware sehr wohl gefühlt.

 

Besonders danken möchte ich Sally und Mike Casto, ohne die das Projekt nicht möglich gewesen wäre. In der Tat gibt es aber eine Millionen Dinge, für die ich mich bedanken möchte; von den Beiträgen zum Konzept bis zum Abschluss der Intonation, vom Ablegen des bestehenden Instrumentes bis zur Vorbereitung der Orgelkammer, von der enormen Zeit, die über die drei Jahre vergangen ist bis zum Abladen der 600 kg schweren Werkzeugkiste des Klais-Teams, das unerwartet und mit einer Transportlast an der Kirche erschienen ist.

 

Ich möchte aber auch den Mitgliedern des Orgelkomitees unter dem Vorsitz von Dr. Lew Fikes danken für deren Bereitschaft zum Austausch von Ideen und für die stete Aufgeschlossenheit. Ein ganz großes Dankeschön geht an Prof. Robert Griffith, der als externer Berater und direkter Nachbar der Kirche in jeder Hinsicht zu dem Projekt beigetragen hat und der als "Vater" der ersten Klais-Orgel in der Stadt einem zweiten Klais-Familienmitglied den Einzug in die Stadt großzügig gestattet hat.

 


 

 

Parallel zur Entwicklung des musikalischen und klanglichen Konzeptes des Instrumentes entstand auch das visuelle Konzept. Gleich hinter dem Altar stehend, wollten wir folgendes schaffen: Ein Gehäuseentwurf, der sich in den Raum einfügen kann, gleichzeitig aber seine skulpturale Eigenständigkeit behält, wenn man es im Detail anschaut, ein Gehäuseentwurf, der keine "ausgefallene Spielerei" ist, sondern einer, der zeitlos ist, und dennoch seinen starken Charakter zeigt; ein Gehäuseentwurf, der den warmen Klang und die Vielfalt der grundtönigen Register reflektiert; und ein Gehäuseentwurf mit Tiefe, der weder aggressiv noch schrill klingt.

 

Obwohl das musikalische Konzept und eigene Ideen der äußeren Erscheinung gleichzeitig entwickelt wurden, blieb ein Thema offen – das der Schleierbretter. Schleierbretter sind das dekorative Element im Prospekt oberhalb der Frontpfeifen. Obwohl in erster Linie dekorativ, müssen sie doch gestaltet und so angeordnet werden, dass sie den Klang nicht blockieren und ästhetisch die Persönlichkeit des Instrumentes unterstreichen. Als ich die Entwurfsidee für die Schleierbretter vom Künstler Ebb Haycock aus Delaware zum ersten Mal sah, wusste ich gleich, dass das die Lösung darstellte, nach der ich schon so lange gesucht hatte: skulpturale Schleierbrette, die einen Übergang von den Pfeifenenden zur Dacharchitektur des Chorraumes. Ich möchte mich bei Ebb für sein fantasievollen Entwurf bedanken, ebenso wie für seine Bereitschaft, mit uns an dieser schwierigen Aufgabenstellung zu arbeiten.

 

Danke Ihnen allen, dass Sie eine zweite Klais-Orgel in Ihrer Stadt aufnehmen. Für uns wird ein Traum wahr, wenn Sie wirklich dieses neue Kirchenmitglied als Bereicherung für das physische und spirituelle Leben Ihrer Kirche empfinden.

 

Philipp C. A. Klais